Der Verein Zivilgesellschaft äussert sich in seiner neuesten Ausgabe seines newsletters "ceterum censeo" kritisch zu den Volksrechten. Es wird die Frage aufgeworfen, ob die Schweiz Abschied nehme von der Stabilität und damit ihren stärksten Trumpf aus der Hand gebe. Auslöser ist die Annahme der Zuwanderungsinititative durch das Volk am 9. Februar. Sie lasse sich in eine Reihe von Initiativen stellen, die fragwürdig, konzeptionslos und zufällig seien und den Ruf der Schweiz als verlässliches Land mit stabilen Rahmenbedingungen gefährdeten. Als Folge der daraus erwachsenen Rechtsunsicherheit solle man durchaus die Volksrechte in Frage stellen.

Mir scheint dies eine gefährliche Antwort auf die Risiken zu sein, die mit Volksinitiativen und Referenden verbunden sind. Denn unsere politische Stabilität beruht vermutlich nicht zuletzt auch auf den Volksrechten. Diese können zwar Zufallsergebnisse liefern, aber eben auch eines der Ausgleichsinstrumente in unserem Staat darstellen. Die wieder vermehrt zu hörende Ansicht, die Volksrechte - zumindest das Initiativrecht - seien in einem modernen global vernetzten Staatswesen überholt, scheint uns ein ebenso gefährliches Spiel mit dem Feuer zu sein wie die zu beobachtende "Verrechtlichung" der politischen Auslegung "ungeliebter", politisch unbequemer, oft unsachlicher und auch unvernünftiger Initiativen. Die – zu recht gelobte – Stabilität könnte erst recht unter einer formellen oder inhaltlichen Einschränkung der Volksrechte leiden. Die Nachteile der Volksrechte sind jedenfalls den autokratisch-despotischen Tendenzen in der modernen Staatenwelt - und zwar sowohl im sog. demokratischen Westen wie im Osten - vorzuziehen. Initiativen und Resultate, die als negativ eingestuft werden, sollten mit Gelassenheit akzeptiert werden. Sie können durchaus als Anlass dienen, über Verbesserungen demokratischer Instrumente nachzudenken. Der britische „Economist“ hat hierzu einen ausgezeichneten Essay publiziert. Ein Abbau von Volksrechten gehört nicht zu jenen Reformen, die auf längere Sicht mehr Stabilität schaffen.

(Bildquelle: Fotalia)

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