Alle vier Jahre publiziert die Bundeskanzlei (BK) eine Lage- und Umfeldanalyse, die dem Bundesrat als Grundlage für seine langfristige Planung dienen soll. Für die Legislaturplanung 2023-2027 hat die BK in- und ausländische Think Tanks eingeladen, sich zu drei Themenbereichen Gedanken zu machen: Gesellschaft und Politik, Wirtschaft und Sicherheit, Digitalisierung und Umwelt. Die Bundeskanzlei hat den Think Tanks insgesamt 20 Fragen gestellt mit der Auflage, diese mit Ja oder Nein zu beantworten und die Antwort zu begründen. Arbeiten wir 2035 bis 70 Jahre? Ist die Stromversorgung in Zukunft sichergestellt? Bezahlen wir 2035 noch mit Notengeld? Wird die Schweiz in der Landwirtschaft Gentechnologie einsetzen? Geht es dem Mittelstand in Zukunft besser als heute? Ist die Schweiz 2035 Mitglied der Europäischen Union? Hier finden Sie die gesamte Publikation.
Auch der StrategieDialog21 hat an der Publikation mitgewirkt. Initiant Jobst Wagner beantwortete die Frage, ob unser Währungssystem bis 2035 noch so existiert oder nicht.
Wird das derzeitige Währungssystem unter dem Druck der privaten Währungen zusammenbrechen?
Die Antwort lautet: Nein.
Privates Geld und Parallelwährungen gab es schon immer – allein 2020 waren es 7‘000 Währungen. Historisch waren diese teilweise sehr fragmentiert und wenig international. Mit dem Aufkommen der internetbasierten Blockchain-Technologie hat sich dies fundamental verändert. Die Digitalisierung der Finanzwelt bringt einen globalen Ansatz mit grossen Chancen für Wirtschaft und Private. Aus liberaler Sicht ist diese Entwicklung zu begrüssen.
Nur: Machtpolitische Interessen der Länder mit Leitwährungen, wie die USA, China und die des Euroraumes, stehen dem entgegen - der globale Ansatz wird als Bedrohung empfunden. Folglich wird seitens der Regierungen und Behörden versucht werden, diese Entwicklung mindestens zu kontrollieren, vermutlich aber auch zu behindern. Warum? Sie wollen ihre Machtposition bewahren und dazu gehört der direkte Zugriff auf die Zentralbanken.
Mehr denn je ist heute die vormalige Unabhängigkeit der Notenbanken durch politische Vorgaben in vielen Ländern in Frage gestellt, ja bereits gebrochen: die FED oder EZB betreiben seit Jahren gigantische Schuldenkäufe, die türkische Zentralbank manipuliert die Lira und so weiter. Die Notenbanken sind zu Gelddruckmaschinen und Schuldenabsorbanten geworden. Der ursprüngliche Auftrag Preisstabilität zu garantieren, hat sich in einen Schuldenmechanismus und indirekte Aktienkursstützung verkehrt. Mithin zu einer gigantischen, weltweiten Blase, die mittlerweile eine Eigendynamik angenommen hat, deren Entwicklung kaum vorhersehbar, auf jeden Fall aber mit grössten Risiken verbunden ist. Aktuell hat sich die Inflation in mehreren Industrieländern auf gegen 4 % erhöht. Gekoppelt mit den Negativzinsen führt dies einerseits zu einer zunehmenden Enteignung vieler Kleinsparer:innen und andererseits zu einer enormen Vermögenskonzentration bei den ganz wenigen sehr Reichen. Sozialer Sprengstoff ist damit zunehmend vorprogrammiert.
Trotzdem läuft die aus Machtgründen der Grossmächte pervertierte Geldmaschine seit rund 20 Jahren. Sie ist denn auch für das von den USA und den Interessen der Wallstreet geprägte System von derart strategischer Bedeutung, dass weder von dort, noch von den anderen, indirekt davon abhängigen und interessensverquickten westlichen Leitwährungen (Euro, British Pound) jegliche Konkurrenzwährungen privater Natur geduldet werden.
Dementgegen bilden die Privatwährungen, im Wesentlichen symbolisiert durch Blockchain, eine valable und frei von machtpolitischen Interessen Alternative.
Auch wenn das Währungssystem nicht zusammenbrechen wird gibt es gute Chancen, dass sich blockchainbasierte Kryptowährungen mindestens als komplementäre Zahlungsmittel zukünftig vermehrt etablieren.
Der Grund liegt in der Sicherheit, die Blockchain bietet: Transaktionen sind nicht manipulierbar. Zudem liegt der Vorteil von Kryptowährungen darin, dass sie weltweit ohne Vermittlungsinstanzen (e.g. Banken) eingesetzt werden können und minutenschnell grosse Summen ohne staatliche Regulierung transferiert werden können. Allerdings ist Blockchain aufgrund des aufwendigen und stark umweltschädigenden Miningverfahrens eher wenig effizient und stellt beispielsweise in Deutschland aus Sicht der BaFin keine Währung, sondern ein Finanzinstrument dar. Damit bleibt mindestens teilweise offen, was per Definitionem überhaupt eine private Währung ist und was nicht. Dies wäre separat zu klären, geht aber über die hier behandelte Fragestellung hinaus.
Für die Schweiz ergibt sich daraus die Chance, den Markt für Kryptowährungen mit favorablen Rahmenbedingungen zu versehen, um sich global in diesem Segment vorne zu positionieren, ohne freilich die Leitwährung Schweizer Franken in Frage zu stellen.