Angelehnt an die Expo 64, als der Bundesrat die Resultate der Gulliver-Befragung zensurierte, stellen die Künstlern mit Point de Suisse den Schweizern Fragen wie: Kann man ein guter Schweizer sein wenn man nach 9 Uhr aufsteht? Würden sie vorübergehend einen Asylbewerber bei sich aufnehmen? Oder: Wenn Sie Ereignisse aus der Schweizer Geschichte streichen könnten, welche würden Sie wählen?
Debatten anstossen
Die Künstler wollen, in Zusammenarbeit mit Wissenschaftler, neue Einblicke gewinnen – vor allem aber auch neuen Raum für Debatten geben. Bis Ende Juli noch konnte man den Fragebogen online ausfüllen. Die Resultate werden bis Mitte August erwartet. Interessantes liefern jedoch bereits die Resultate einer repräsentativen Vorabbefragung: Das Ausland könne von uns – ob nun bezüglich Demokratie, Neutralität, Mehrsprachigkeit, Sauberkeit, Reichtum, ÖV, Wettbewerbsfähigkeit, oder Innovation – lernen, sagt die grosse Mehrheit; die Schule soll Toleranz und Zusammenhalt fördern; 61 Prozent würden mehr Steuern zahlen, wenn dieses ausschliesslich in die Bildung investiert würde; die Mehrheit will nach ihren Tod vor allem, dass man sich ihrer guten Taten und Worte erinnert; wer niemals abstimmen geht ist kein guter Schweizer; und glücklich sind wir – zu 76,4 Prozent auch noch. Die Schweiz, so scheint’s, ein Volk von Pfadfindern und Vorbildern.
Fragezeichen
Doch wenn eine Umfrage, welche die Leute zum Nachdenken bringen möchte, ergibt diese auch Überraschendes, Widersprüche:
– Es klingt an, dass das Ansehen der Wirtschaft in der Schweiz auch schon grösser war: Viele sehen die Schweiz zwar als Vorbild in Innovation und Wettbewerbsfähigkeit –diese stehen mit rund 73 Prozent jedoch am Ende der Skala, in der die Demokratie mit 91 Prozent oben aus schwingt. Mit dem Swissair-Grounding sowie der UBS-Rettung würden zudem zwei Wirtschaftsereignisse jüngerer Zeit noch so gerne aus der Schweizer Geschichte gestrichen. Und rund 56 Prozent würden nie im Leben Börsenhändler werden wollen.
– Ambivalent ist der Zugang zu Ausländerfragen: 70 Prozent finden, Ausländer tragen zum Erfolgsmodell Schweiz bei, fast die Hälfte hat keine Schweizer Grosseltern und 28,7 Prozent würden das Ja zur Massenweinwanderungsinitiative gerne aus der Schweizer Geschichte Streichen. Gleichzeitig finden dennoch 20 Prozent, ein eingebürgerter Schweizer sei kein „guter Schweizer“, ein Drittel würde gegen erleichterte Einbürgerungen das Referendum ergreifen, 57,9 Prozent wollen kein Stimmrecht für Ausländer, die schon 5 Jahre hier wohnen und Steuern zahlen, mehr Integrationshilfe durch Steuern wird wuchtig abgelehnt und nur 30 Prozent würden einen Flüchtling vorübergehen bei sich aufnehmen.
– Geringeres Strafmass bei Abtreibung und Sterbehilfe klingen eine gesellschaftliche Liberalisierung an und zu den zentralen Aufgaben der Schule gehört laut den Befragten, „Toleranz und Zusammenleben“ zu fördern. Gleichzeitig ist jedoch ein grosse Ablehnung gegenüber dem Islam ersichtlich.
Es gibt noch weitere interessante Resultate, wie etwa die 85-prozentige Ablehnung der EU oder die 77-prozentige Zustimmung zu einem flexiblen Rentenalter. Doch zu einer weiteren, ausführlicheren Analyse werden wir an dieser Stelle Mitte August ansetzen, wenn die Resultate der Online-Befragung bekannt sind. Bereits jetzt wird in den Sozialen Medien eifrig über die Umfrage diskutiert. Wir dürfen also gespannt sein auf die Resultate, hoffen auf Einblicke sowie interessante Debatten zur Schweizer Befindlichkeit, über wirtschaftliche Erfolgsfaktoren, über gesellschaftliche Themen, über Bildung, über sozialen Stabilität.
Alles Themen, mit welchen sich der Strategiedialog 21 noch so gerne auseinandersetzt. Wir freuen uns.