Die SVP hat am 27. Oktober 2017 die Begrenzungsinitative lanciert. Kommt die Initiative zustande und wird angenommen, dürfte dies gravierende Folgen für die Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft haben.

In unserem Denkanstoss beantworten Petra Gössi von der FDP und Roger Köppel von der SVP, weshalb sie sich für oder gegen die Initiative engagieren und welche Vor- und Nachteile die Schweiz bei der Annahme dieser Initiative zu erwarten hat.

Die Initiative fordert eine eigenständige Regelung der Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern. Zudem dürfen in Zukunft keine weiteren völkerrechtlichen Verpflichtungen eingegangen werden, welche ausländischen Staatsangehörigen eine Personenfreizügkeit gewähren. Weshalb engagieren Sie sich für/gegen dieses Vorhaben?

Petra Gössi: Die FDP lehnt die Initiative ab, weil eine Annahme das Ende der bilateralen Verträge bedeuten würde. Der Stimmbürger muss sich dieser Kausalität zwischen der Begrenzungsinitiative und den Bilateralen bewusst sein. Bei dieser Abstimmung geht es nicht nur um die Personenfreizügigkeit, sondern es geht um die bilateralen Verträge als Ganzes. Die Bilateralen bieten massgeschneiderte Lösungen zwischen der Schweiz und der EU. Sie garantieren so auch die Unabhängigkeit der Schweiz ohne EU-Beitritt. Für die FDP ist andererseits auch klar, dass das Freizügigkeitsabkommen vollzogen werden muss. Missbräuche (etwa im Sozialbereich) sind zu unterbinden. Das Aufenthaltsrecht in der Schweiz ist an die Arbeitserlaubnis gebunden. Weiterführende sozialrechtliche Zugeständnisse an EU-Bürger lehnt die FDP klar ab.

Roger Köppel: Unsere Begrenzungsinitiative fordert den Bundesrat unmissverständlich auf, die für unser Land so schädliche Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union abzuschaffen. Ob er dies durch Verhandlungen oder durch Kündigung löst, bleibt ihm überlassen. Warum engagiere ich mich dafür? Aus zwei Gründen, erstens: Die Personenfreizügigkeit ist europaweit eine Fehlkonstruktion, die überall auf Widerstand stösst. Die Schweiz ist am meisten betroffen, obschon sie kein EU-Mitglied ist! Seit Einführung vor zehn Jahren sind netto 800 000 Ausländer eingewandert. Die Folgen sind dramatisch: steigende Arbeitslosigkeit mit extrem hoher Erwerbslosenquote; Überlastung der Infrastrukturen und Sozialwerke; Verdrängung von über fünfzigjährigen Schweizern und Inländern auf dem Arbeitsmarkt durch junge EU-Ausländer; explodierende Immobilienpreise; eine massive gewerkschaftliche Überregulierung unserer Wirtschaft durch die Linke im Gefolge der Personenfreizügigkeit. Wir müssen das Kernproblem lösen, nämlich die masslose Zuwanderung. Ich bin für eine MASSVOLLE Zuwanderung, die wir selber steuern in Rücksicht auf die Konjunkturlage und die Sozialwerke in der Schweiz. Zweitens: Bundesgericht und Parlament haben sich staatsstreichartig über den Volksentscheid vom 9. Februar 2014 gegen die Masseinwanderung und damit über den Souverän hinweggesetzt. Das ist ungeheuerlich. Mit dieser Initiative kehren wir zur verfassungsmässigen Ordnung zurück.

Welche Vor-/Nachteile sind für die Schweiz bei Annahme dieser Initiative zu erwarten?

Petra Gössi: Eine Annahme hat grosse Nachteile für die Schweiz, weil die bilateralen Verträge der Schweizer Wirtschaft den Zugang zum EU-Binnenmarkt sichern. Die EU-Länder sind unsere wichtigsten Aussenhandelspartner. Der ungehinderte Marktzugang ist ein Garant für tausende von Arbeitsplätzen in der Schweiz und hat letztlich grossen Anteil an unserem Wohlstand. Die Frage ist also: Wollen wir einen Teil unseres Wohlstandes leichtfertig aufs Spiel setzen? Die Antwort der FDP lautet klar nein. Weiter gilt es zu betonen, dass ohne die Personenfreizügigkeit kein Asylsuchender weniger und auch keine Person aus einem Drittstaat weniger in die Schweiz kommt. Die Zahl der Asylsuchenden würde durch die Kündigungsinitiative nicht sinken.

Roger Köppel: Die Vorteile sind offensichtlich: Wir lösen das Problem der Masseneinwanderung mit den erwähnten Schadensfolgen. Wir  fördern dadurch den sozialen Frieden, nehmen radikalen politischen Kräften den Wind aus den Segeln und deregulieren die Wirtschaft. Denn die von links geforderten „flankierenden Massnahmen“, die unsere freie Marktwirtschaft weniger flankieren als erwürgen, werden sofort hinfällig, wenn die Personenfreizügigkeit beseitigt ist. Nachteile? Die EU wird keine Freude haben, aber müssen wir deshalb immer in die Knie gehen? Die EU hat ein grosses Interesse an guten Wirtschaftsbeziehungen mit der Schweiz. Wenn sie rational handelt, ist sie verhandlungsbereit, sofern der Bundesrat endlich ernsthaft in Verhandlungen einsteigt, wie unsere Initiative fordert. Schaltet die EU irrational auf stur und guillotiniert sie die sechs bilateralen Verträge des ersten Pakets, dann wäre unser Export in die EU dank WTO und Freihandelsvertrag von 1972 entgegen anderslautenden Angstmachereien nach wie vor gesichert. Die Vorteile, die uns die Bilateralen I bringen, sind massiv kleiner als die Nachteile der Personenfreizügigkeit. Wir müssen zurück zu einer massvollen, dosierten Zuwanderung, die wir selber steuern.

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