USA – The Land of Freedom

Es wird wohl niemand bestreiten, dass Amerika als klassisches Einwanderungsland eine Erfolgsgeschichte ist. Auch wenn viele Probleme aufgrund unterschiedlichster Kulturen, Rassen, Religionen und Traditionen bestehen, so gibt es doch den Grundkonsens der Offenheit gegenüber Einwanderern, die für das Land nicht nur ein Reservoir an Arbeitskräften darstellen, sondern Wachstumspotenzial und wirtschaftlichen Erfolg bieten.

Dass die USA im Unterschied zur Schweiz dabei völlig frei sind, ihre sicherlich nicht unumstrittene

Immigrationspolitik den jeweiligen wirtschaftlichen und arbeitsmarktlichen Gegebenheiten anzupassen, mag ein wichtiger Unterschied sein, ändert aber im Kern an den nachfolgenden Gedanken nichts. Auch dann nicht, wenn man einwenden mag, die USA seien hundertmal grösser als die Schweiz und hätten, alleine schon räumlich betrachtet keinen nur annähernden Dichtestress wie ein kleines Land.

Dazu mag lediglich angemerkt werden, dass es auch in Amerika dieses Phänomen gibt. Gerade in den Großstädten wohnt ein Pottpurri an Kulturen Tür an Tür, und die Probleme sind nicht wesentlich anders als in einschlägigen Genfer Qaurtieren oder Zürcher Kreisen.

Singapore – Innovationen & Kreative Lösungen

Aber der Blick soll nicht nur gen Westen, sondern auch nach Osten gerichtet werden. Singapur, welches sich seit 1967 auf Geheiss der Regierung Lee Kuan Yew die Schweiz als Vorbild nimmt, soll nachfolgend etwas näher beleuchtet werden. Dabei ist die soeben von Avenir Suisse publizierte Brochure "Singapur - avenir spezial"  eine gute Quelle.

Ähnlich wie die Schweiz wies Singapur in den letzten 20 Jahren ein hohes, stark durch Einwanderer resultierendes Bevölkerungswachstum auf. So stieg die  Bevölkerung von 3 Mio (1990) auf heute 5,4 Mio an. Dabei lag der Ausländeranteil 1990 bei 10% und heute liegt er bei 29%! Und dies auf einer Fläche von 716 km2. Dies entspricht der halben Fläche des Kantons Zürich.

Die Schweiz dagegen hat zwar 8,1 Mio Einwohner mit einem Ausländeranteil von 25%. Dies aber auf einer Fläche von 41 285 km2.

Alleine diese Zahlen zeigen, wie relativ die "Dichte" eigentlich ist. Oder anders ausgedrückt: aus Sicht eines Singapurianers ist die Dichte in der Schweiz vermutlich in etwa so, wie sie ein Schweizer mit Blick auf Amerika empfindet.

Dass Singapur die Schweiz heute im BIP pro Kopf deutlich überholt hat (78 744 vs 53 705 USD) und insgesamt im BIP mit der Schweiz fast gleichgezogen hat (425 Mia USD vs 434) ist ebenfalls bezeichnend, aber nicht direkt Gegenstand dieser Betrachtung.

Vielmehr ist die Migration als Wohlstandsgenerator, wie im erwähnten Avenir Suisse-Bericht zitiert, der „point in case“. Zwar steht Singapur mittlerweile ebenfalls unter einem starken Zuwanderungsdruck, und die Bevölkerung fängt am Nutzen der Zuwanderung zu zweifeln an. Dagegen wird von offizieller Seite das Bewusstsein, dass die Zuwanderer einen wesentlichen Beitrag zum Wohlstand leisten, intensiv gepflegt, wobei die Integration durch eine gezielte Durchmischung in Schulen und Wohnquartieren gefördert wird.

Und wie steht es mit dem sehr eng begrenzten Raum für Wohnungen, Infrastruktur und Industrie? Hier wird einerseits stark in die Höhe gebaut und ein Optimum an Grünflächen ob auf Dachgarten, direkt an Strassen und andren auch kleinsten Flächen erzeugt. Das Bewusstsein des haushälterischen Umganges mit dem Boden ist in ganz andrer Qualität ausgeprägt als in der Schweiz.

Auch beim Umweltschutz und überhaupt an technischen Innovationen, wie die Abfallentsorgung, Energiegewinnung u.a.m. kann sich die Schweiz mittlerweile ein Beispiel nehmen. Anstatt  beispielsweise Technik vs Umwelt zu pointieren, ist man innovativer Technik gegenüber sehr aufgeschlossen. Auch Changi Airport gehört zu dieser Betrachtung. Anstelle einer eher kritischen Sicht auf den Flugverkehr oder den Ausbau des Zürich Airport ist man sich in Singapur der Wichtigkeit des Flughafens nicht nur sehr bewusst, sondern entwickelt diesen ständig weiter.

Der Vergleich – Auf den Punkt gebracht

Zusammengefasst sind also alle drei Länder mit ähnlichen Herausforderungen, Chancen aber auch Risiken konfrontiert. Der Unterschied liegt in der Art und Weise, wie damit umgegangen wird. Aufgrund ihrer einzigartigen Position in der Welt kann Amerika autark über die Regelung der Zuwanderung entscheiden und hat hier der Schweiz gegenüber einen deutlichen Vorteil. Wobei dagegen die illegale Zuwanderung die USA vor riesige Probleme stellt, die in dieser Form in der Schweiz, trotz Asylproblemen nicht bestehen. Singapur hat alleine aufgrund seiner überschaubaren Größe und seines patronalen Regierungssystem diese Probleme nicht. Auch Singapur kann seine Zuwanderung weitgehend selbst steuern, ohne massive zusätzlich belastende illegale Migration. Und dennoch nimmt der Druck aufgrund seiner Attraktivität zu.

Zuwanderung als Wohlstandsgenerator - diese Erkenntnis gibt es sicherlich in allen drei Ländern, wobei seit dem 9.2.14 in der Schweiz ein Wendepunkt gesetzt wurde.

Dieser Wendepunkt hat nicht alleine mit der vermeintlichen Dichte zu tun. Denn die Pendelzüge sind nicht den ganzen Tag prall gefüllt - im Gegenteil, an späteren Vormittagen und früheren Nachmittagen sind sogar die Intercities meist halbleer.

Vielmehr erscheint die Angst um den Verlust der kulturellen Identität ein weiterer Grund zu sein. Wenn heute in der Schweiz 300000 Muslime leben, und es noch vor 20 Jahren 30000 waren, dann hat dies merkliche Auswirkungen. Ebenso in den letzten zwanzig Jahren zugewanderte  Tamilen, Äthiopier, Serben, Kroaten u.a.m.

Sprache, Religion, Tradition und Kultur dieser Bevölkerungsgruppen sind einerseits Befruchtung, andrerseits aber auch Herausforderung.

Dies lässt sich aber auch in Singapur und Amerika feststellen. In Amerika wird in wenigen Jahren die  spanischsprechende Bevölkerung die englischsprachige überholt haben. Die aus den anfänglichen Siedlern und Einwanderern aus Europa hervorgegangenen alteingesessenen Amerikaner (WASPS - white anglo saxon protestants) werden immer mehr zur Minderheit. Der Wahlsieg Obamas ist dafuer eindeutiger Beleg.

Die Frage ist - wie geht man damit um?

Am Ende muss die Schweiz auch hier entscheiden: Will man den Stier bei den Hörnern packen und eine Zukunftsvision für die Schweiz als Zuwanderungsland entwickeln und damit auch weiterhin ein Erfolgsmodell bleiben, oder will man sich einigeln und von Kontingent zu Kontingent hangeln? Welchen Preis ist die Schweiz zu zahlen bereit? Welche Integrationsmodelle ist sie zu entwickeln bereit?

Ich frage Sie  - wie packen wir die Herausforderung?

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