Ein Denkanstoss vom Zentrum für kritisches Denken

Um der zunehmenden Spaltung unserer Gesellschaft entegegenzuwirken, muss mehr auf Dialog gesetzt werden. Menschen müssen einen reflektierten Umgang mit ihrem Denken und der Komplexität unserer Welt finden.

Das Zentrum für kritisches Denken fördert den kritischen Umgang mit dem eigenen Denkwissen und eine neue Dialogkultur. Sie versuchen, die Komplexität der Welt aushaltbar zu machen, damit Menschen bessere Entscheidungen treffen, weniger anfällig für einfache Erklärungen sind und ein neues Miteinander in unserer zunehmend polarisierten Welt möglich wird. In ihrem Manifest für eine neue Debattenkultur zeigen sie, wie wir wieder lernen, uns auf kritische Auseinandersetzungen einzulassen.

Mehr Informationen zum Zentrum für kritisches Denken finden Sie hier.

Warum wir zum Streiten verdammt sind und wie wir lernen, uns trotzdem zu verstehen

Unser Nervensystem kann uns ungefragt in Kampfbereitschaft werfen, unser Hirn verzerrt unsere Wahrnehmung auf der Suche nach Bestätigung und unsere Sprache provoziert mehr Missverständnisse, als ein Wörterbuch jemals ausbügeln könnte. Es gibt viele gute (teils sogar angeborene) Gründe, die dafür sorgen, dass kritische Debatten eine Seltenheit sind.

Ob beim Familienessen, in der Abstimmungsarena oder in Kommentarspalten. Ständig geraten wir aneinander und häufig reden wir dabei aneinander vorbei. Nicht selten enden Gespräche, weil irgendwer zu irgendjemandem sagt, dass er oder sie ja wohl noch eine Meinung haben dürfe. Und immer öfter fangen wir an, heikle Themen zu meiden – aus Angst, nicht nur die Debatte zu verlieren, sondern im schlimmsten Fall auch die Beziehung zu unserem Gegenüber.

In der Debattenumfrage im Herbst 2021 vom «Zentrum für kritisches Denken» in Kooperation mit dem Debattierhaus «Karl der Grosse» wurde die Frage gestellt, warum Debatten scheitern. Eine Antwort, die das Manifest besonders gut einleitet, lautet: «Wenn ich von mir ausgehe, definitiv der selbstsüchtige Wunsch, recht haben zu wollen. Zuzuhören, nur um zu kontern und nicht um zu verstehen. Und sich selbst als Repräsentant und nicht als Individuum zu sehen.»

Die Fähigkeit, sich auf eine kritische Debatte einzulassen, – also auf ein Gespräch, durch das wir uns selbst, unser Gegenüber und diese Welt besser verstehen lernen – ist das Ergebnis einer intensiven Auseinandersetzung mit uns selbst und und unseren eigenen Baustellen.

Eine neue Debattenkultur beginnt bei uns. Wir legen das Fundament in unseren eigenen Köpfen. Indem wir durchschauen, wie unser Körper, unsere Emotionen und unser Denken funktionieren bzw. nicht funktionieren. Indem wir anerkennen, dass es ein hohes Mass an innerer Sicherheit braucht, um die Suche nach einfachen Antworten aufzugeben und die Komplexität unserer Welt auszuhalten – also etwas, womit die wenigsten von uns ausgestattet sind. Und indem wir vor diesem Hintergrund einen nachsichtigen Umgang mit uns selbst und schliesslich auch mit allen anderen entwickeln.

Das Manifest, verfasst vom «Zentrum für kritisches Denken», möchte hierzu einen Beitrag leisten. Es ist kein Regelwerk, sondern eine Reflexionshilfe. Es umfasst eine erste und nicht abschliessende Auslegeordnung unserer inneren Baustellen. Baustellen, mit denen wir uns beschäftigen sollten, damit wir verhärtete Fronten überwinden, wieder aufeinander zugehen und gemeinsam etwas Neues errichten können. Denn die gute Nachricht ist: Auch wenn wir zum Streiten verdammt sind, können wir lernen, uns zu verstehen. Diese innere Arbeit an uns selbst ist der Fortschritt, den wir als Spezies Mensch brauchen, wenn wir den Kindern unserer Kinder eine lebenswerte Zukunft hinterlassen wollen.

Sie wollen mehr wissen? Hier geht's zum gesamten Manifest.

Diesen Artikel teilen