Ein Strategiedialog im 21. Jahrhundert für die Schweiz kann nur gelingen wenn er akzeptiert, dass die erfolgreichen Rezepte von gestern nur dann auch für die Zukunft taugen, wenn sie den dramatischen Veränderungen gerecht werden.

Gerade in der Schweiz, wo man sehr zufrieden auf die überwiegend erfolgreiche Strategie seit der Gründung des Bundesstaates 1848 zurückblickt, ist naturgemäss die Neigung zu Veränderungen begrenzt. Das ist verständlich.

Derzeit erscheint die innerschweizerischen Diskussion im ruhigen Auge des Taifuns, vor den Wahlen versucht die Politik strukturelle Herausforderungen aber eher aus dem Weg zu gehen. Aber natürlich sind die Probleme nicht gelöst und die Debatte wie die Schweiz sich an die rapiden Veränderungen anpassen kann und wo ihr Platz im internationalen Gefüge ist, muss weiter gegen.

Es gibt überzeugende Belege dafür, dass Anpassung möglich ist.

Der Finanzplatz Schweiz hat in sehr kurzer Zeit ein über Jahrzehnte praktiziertes Geschäftsmodell erfolgreich geändert als klar wurde, dass es nicht mehr zu retten war. Neue internationale Strukturen in der OECD und den G 20 hatten plötzlich eine Durchsetzungskraft, die man lange für unmöglich erachtet hatte.
Die Alleinstellungsmerkmale der Schweiz, Stabilität und Berechenbarkeit überzeugen auch ohne Steuervermeidung–noch  allerdings werden die Rahmenbedingungen schwieriger und die alte -schlechte- Reputation kann sich die Schweiz nicht mehr leisten.
Spannend wird es auch bei den Unternehmenssteuern ob sich Kantone und Bund auf ein Konzept verständigen können, dass international akzeptabel ist.

Sucht man die Schweiz auf einer Weltkarte, so findet man eine kleine Insel mitten in der Europäischen Union. Es liegt auf der Hand, dass die Klärung des Verhältnisses zwischen der EU und der Schweiz unabdingbar ist.

Es ist verständlich, dass der Erfolg des Modells Schweiz und die immer neuen Turbulenzen in der EU wenig Argumente dafür liefern sich diesem in der internationalen Politik wohl einzigartigem Gebilde durch Beitritt ‚auszuliefern’.

Dies übersieht allerdings, dass die EU seit ihrer Gründung schon Erhebliches zustande gebracht hat und der Prozess der vertieften Zusammenarbeit weitergeht.
Bisher konnte die Schweiz trotz EWR-Ablehnung mit den bilateralen Verträgen Wege finden die Beziehung praktikabel zu regeln.
Andererseits muss man nüchtern feststellen, dass es auch Kosten hat international allein zu stehen und nicht auf Verbündete oder eine gemeinsame Gruppe zählen zu können. Am deutlichsten wurde dies für die Schweiz vielleicht als für sie, trotz gegebenem wirtschaftlichen Potential, keinen Platz in der immer wichtiger werdenden Gruppe der G20 war.

Die Frage, ob der freiwillige Verzicht auf Verbündete und Einbindung, der sich in der Geschichte der Eidgenossenschaft sicher lange gelohnt hat, noch immer das beste Rezept bleibt, muss immer wieder gestellt werden. Es sollte dabei nicht vergessen werden, dass schon die Gründerväter der Eidgenossenschaft die Neutralität nicht als Staatsziel sondern als Mittel zum Zweck gesehen haben, das auch einmal seine Aufgabe vielleicht nicht länger erfüllt.

Die Vorteile der Neutralität, die für die Vergangenheit unbestritten sind, lassen sich für die Zukunft weniger klar umreissen.

Gute Dienste, wie die Schweiz sie zwischen den USA und Kuba oder Iran bieten konnte, erscheinen immer weniger gefragt.
Die erfolgreiche Präsidentschaft der Schweiz in der OSZE im vergangenen Jahr hat zwar einen Symphatiebonus erbracht, die neutrale Schweiz hat aber realistischerweise doch wenig im Ukrainekonflikt bewirken können.
Das gilt auch in anderen Bereichen: gelingt es ein Abkommen über Handel und Investitionsschutz zwischen den USA und der EU zu schliessen, so könnte die Schweiz der leidtragende Dritte sein. Zumindest wenn sie nicht bis dann ihr Verhältnis zur EU so geregelt hat, dass sie als quasi Mitglied von der neuen Vereinbarung profitieren könnte. Dies erscheint derzeit allerdings wenig realistisch

Je besser die es Schweiz schafft sich den internationalen Herausforderungen erfolgreich dadurch zu stellen, dass sie besser organisiert ist als andere, um so eher kann sie es sich noch eine Weile leisten keinem ‚Club’ beizutreten. Die Tendenz geht allerdings im 21. Jahrhundert mehr und mehr in die entgegengesetzte Richtung

Dass Einbindung und differenzierter eigener Kurs nicht völlig unvereinbar sind zeigt das Beispiel Dänemark. Dem Land gelingt es recht gut, sich trotz EU Mitgliedschaft viele Sonderregelungen zu erhalten (und nicht dem € beizutreten), dafür ist es durch seine EU- und NATO Mitgliedschaft abgesichert, wenn es mit Herausforderungen wie terroristischen Anschlägen konfrontiert wird und es ist mit dabei wenn die EU als Ganzes in der Weltpolitik ihren Interessen Nachdruck verleiht.

Um so wichtiger ist es diese Debatte mit wacher Aufmerksamkeit zu führen und dabei vorausschauend die Bewahrung des Bewährten kreativ mit den Herausforderungen des Neuen zu verbinden.

Ich sehe den SD21 dabei als einen ermutigenden Versuch die Debatte zu beleben und ihr eine für die Zukunft der Schweiz produktive Richtung zu geben.

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