Fake news in der Wissenschaft sind nichts Neues. Schon vor über 30 Jahren wurden von einem Forscher Fellstücke von weissen Mäusen schwarz angemalt, und behauptet, es handle sich um Transplantationen von Hautteilen eines schwarzen auf einen weissen Mäusestamm, bei der die zu erwartende Abstossung erfolgreich vermieden werden konnte. Diese "Fake"-Daten flogen auf, da sie nicht reproduzierbar waren, und endeten mit dem Rausschmiss des bis anhin unbescholtenen Forschers aus seiner Universität. Er wurde das Opfer eines zu hohen Erwartungsdruckes nach günstig ausgefallenen Vorversuchen: um "liefern" zu können, sah er keinen Ausweg mehr als die Fälschung.
Fake News können auch tödliche Folgen haben, wie dies eine 1998 im britischen Top-Journal "The Lancet" publizierte manipulierte Arbeit von Andrew Wakefield zeigt. Gestützt auf gefälschte Evidenz behauptete Wakefield, dass eine Masern-Mumps-Röteln-Impfung signifikant das Risiko von Autismus und Dickdarmentzündungen erhöhe und deshalb gefährlich sei. Als Folge sank die Impfrate im UK und in Irland drastisch. Wie viele Kinder wegen Wakefield nicht geimpft wurden, deswegen später erkrankten, an Komplikationen verstarben oder heute noch an bleibenden Schäden leiden, ist nicht bekannt. Der Nachweis dieser Datenfälschung war schwierig. Die Arbeit wurde 2004 partiell und 2010 ganz zurückgezogen, zusammen mit einer Entschuldigung des damaligen Chefredaktors von "The Lancet", dass die Zeitschrift einer massiven Fälschung aufgesessen sei. Der British Council entzog dem Autor das Arztpatent. Dennoch wird die Arbeit auch heute noch gerne von Impfgegnern zitiert.
Gefährlich wird es auch, wenn eine Regierung durch angeordnetes selektives Publizieren genehmer und bewusstes Zurückhalten nicht genehmer Forschungsdaten alternative Wahrheiten kreiert und der Regierungssprecher geichzeitig erklärt: "sometimes we disagree with facts". Der "British Medical Journal" (BMJ) hat deshalb kürzlich in einem Editorial seinen Befürchtungen Ausdruck gegeben, dass die Trump Administration Forschung und Kommunikation über wissenschaftliche Themen unterdrücken will, die ihr politisch nicht opportun erscheinen (Ref). Alle wissenschaftlichen Mitteilungen der Environmental Protection Agency müssen neu von politisch ernannten "Zensoren" gebilligt werden, bevor sie vorgetragen oder publiziert werden dürfen. Bestimmte Forschungskredite werden gezielt gestrichen. Auch US-Wissenschaftler aus dem Department of Agriculture, dem Department of the Interior und dem Department of Health and Human Services (wozu die National Institutes of Health gehören) werden in ihrer Kommunikationsfreiheit mit der Oeffentlichkeit eingeschränkt. Wissenschaftliche Daten auf Regierungsservern und Websites werden gelöscht oder sind nicht mehr zugänglich. Bereits gibt es private Datenrettungsprogramme, um wichtige Forschungsergebnisse vor allem aus der Energie- und Klimaforschung zu sichern. Aus Angst vor Regierungsmassnahmen werden angekündigte wissenschaftliche Schlüssel-Konferenzen abgesagt und Mitteilungen selbstzensuriert. Auch die Food and Drug Administration (Medikamentenzulassung) soll neu nach politischen Gesichtspunkten und nicht nach dem bisherigen Grundsatz von Effizienz und Sicherheit strukturiert werden. Die USA haben bereits heute sowohl die höchste Teenager-Schwangerschaftsrate als auch die niedrigste Lebenserwartung aller Industriestaaten und können sich solche Eingriffe nicht leisten. Entscheide dürfen sich bei wissenschaftlichen Debatten einzig auf Evidenz, harte Fakten, und korrekte wissenschaftliche Methoden stützen. Politisch zurechtgebogene alternative Fakten haben hier keinen Platz und werden den USA nicht nur in der Medizin schaden.
Last but not least beeinträchtigt die neue US-Immigrationspolitik die Qualität der Forschung, wenn sie aus politischen Gründen bestimmte hochqualifizierte Wissenschaftler nicht mehr ins Land lässt. Die Schweiz soll sich hüten, diese Trump'sche Politik einer restriktiven Handhabung der Bewilligungen für erstklassige Forscher und spezialisierte Akademiker aus Drittstaaten nachzuahmen: damit schaden wir unseren ureigenen Interessen. Erinnern wir uns daran, wie Hochschulen, Industrie und Wirtschaft nach 1848 in der Schweiz dank einer gezielten liberalen Einwanderungs-Praxis nach einer Phase der Stagnation aufblühten.