Die Schweiz ist voller Geschichten, Ideen und Inspirationen: Voller Charakterchöpf. Ein Charakterchopf ist jeder auf seine eigene Art und Weise. Es sind Leute wie Sie und ich.

Was bewegt unsere Gesellschaft? Was wünschen wir uns? Worin sind wir besonders gut und was können wir noch besser machen? Charakterchöpf lassen uns an ihren Gedanken teilhaben und geben wertvolle Impulse.

Im Juni 2020 wird eine dreiteilige Spezialausgabe mit insgesamt neun Charakterchöpf veröffentlicht. Sie teilen uns offen und ehrlich ihre Gedanken zur Frage «Durch Corona kann viel mit Leidenschaft Geplantes nicht Realität werden. Welches Vorhaben mussten Sie auf später verschieben? Und warum bleiben Sie trotzdem positiv?» mit.

Die Beiträge sind von den Autoren selbst geschrieben, damit ihre Meinung unverfälscht und authentisch präsentiert wird.

Auf Twitter, Facebook und in unserer Instagram-Story kann während 24 Stunden für den Charakterchopf des Monats gestimmt werden:

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Unsere Charakterchöpf – Teil 3

«Eigentlich wäre ich jetzt irgendwo am anderen Ende der Welt. Meiner Weltreise stand nichts im Weg: Der Job war gekündigt, die Wohnung aufgegeben. Wegen der Corona-Pandemie aber fällt der Plan ins Wasser. Ein Schicksalsschlag? Ein Luxusproblem? Eine Chance? Was tun?

Die beste Reaktion auf eine neue unbekannte Situation zeigt sich erst im Nachhinein: Schwedischer Lockdown Light oder Spanischer Lockdown Hard? Was bringen Schulschliessungen oder Maskentragepflicht im Zug? Firmen Konkurs gehen lassen, mit Notenbank-Geldern am Leben erhalten oder gar verstaatlichen? Alle Länder sind Teil dieser globalen Suche nach Antworten, die bedauerlicherweise viel Leid und Ungleichheit kosten wird. Dafür sind es Antworten, welche für zukünftige Pandemien wegweisend sein werden.

Ich für meinen Teil beschränke mich für den Moment auf das Lernen im Kleinen: neue Klavier Etüden, neue Kochrezepte und Gartenpflege.»

Tino Canziani, IT Project Manager

 

«‹Vollgas geben› und das wunderschöne und einmalige Boutique Resort ‹Farmhouse Smiling Gecko›, Teil einer lokalen NGO mit ganzheitlichem Ansatz, aus dem Dornröschenschlaf erwecken - ein ehrgeiziges Ziel, welches wir seit unserem Antritt im vergangenen Herbst hier in Kambodscha mit Leidenschaft verfolgt haben. Wir waren gut auf Kurs: die ersten zwei Monate des Jahres waren merklich besser als das Vorjahr. Der Trend war positiv, die Stimmung gut.

Aber: erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Durch Covid sind von einem Monat auf den anderen sämtliche Reservationen annulliert worden und bis heute keine neuen eingegangen. Sich in der Pipeline befindende Verträge und Projekte mussten sistiert - das Gros der Mitarbeitenden in Zwangsurlaub geschickt werden. Auf eine äusserst positive Entwicklungsphase folgte eine harte, einschneidende Restrukturierung.

Kambodschas Touristen-Mekka ‹Angkor Wat› und die bis dato aufgrund von Overtourism arg leidenden, geschichtsträchtigen Ruinen rund um Siem Reap sind nun menschenleer. Eine schwierige Situation für ein Land, in welchem der Tourismus über 620'000 Beschäftigte zählt und 2018 über 12,7 % des totalen GDP ausmachte. Sämtliche Märkte sind eingebrochen und es ist davon auszugehen, dass eine Erholung länger auf sich warten lässt. Eine Vielzahl von Existenzen sind unmittelbar bedroht - viel mehr noch, da die meisten Menschen von der Hand in den Mund leben und keine Ersparnisse haben. Ironischerweise bringt dieser Umstand für die Ruinen ein dankbarer Break, eine Verschnaufpause vor den zerstörerischen Scharen von Menschen, die tagtäglich über die alten Steine stampfen.

Definierte Marktbearbeitungsstrategien und Verkaufsmassnahmen sind somit obsolet. Nun heisst es vieles neu denken, anders denken, offen sein für alles und von vorne beginnen. Nach anfänglicher Ratlosigkeit und trotz der Tragik des ganzen Geschehens sowie der enorm grossen Herausforderung für unsere Organisation, haben wir Freude an diesem Prozess gefunden. Nie hatten wir neben der laufenden Operativen genügend Zeit, um unsere Positionierung im Detail zu betrachten und unsere Produkte und USP`s zu schärfen. ‹Dank› Covid ergeben sich nun Opportunitäten, wo wir nie welche erahnt hätten, stetig finden wir neue Möglichkeiten und Wege, um neue Gästesegmente zu erschliessen und positiverweise werden wir so kreativ, wie wir es nie waren. Für die Zukunft sind wir trotz allem und gerade deshalb zuversichtlich, bald wieder ein gut funktionierendes und belegtes Boutique Resort zu haben – anders, und vielleicht sogar besser als vor Covid?!»

Iris Flückiger, General Manager Farmhouse Smiling Gecko

 

«Unsere Betriebe haben einen ziemlich grossen Outdoor-Anteil. Das birgt immer ein gewisses Risiko, denn wir wissen ja nie, ob der Sommer verregnet oder grossartig wird. Darum sind wir grundsätzlich flexibel eingestellt und reagieren immer sofort und motiviert auf Veränderungen. Das stellt sich nun speziell in dieser Krise als Vorteil heraus. Nach dem Regen scheint die Sonne – das wird auch in dieser Situation der Fall sein. Natürlich hätten wir uns nichts sehnlicher gewünscht, als unseren neuen Betrieb in der NZZ diesen Juni zu eröffnen. Vor allem weil das richtig innovativ wird und wir vom Konzept sehr, sehr begeistert sind. Wir mussten aber leider, leider auf den Herbst verschieben. Das kostet mehr, das schafft Probleme, aber das zieht uns nicht runter. Wir bleiben positiv und freuen uns umso mehr auf den Herbst. Und auf 10 Jahre hinaus gesehen wird das alles einen so grossen Unterschied nicht machen.»

Michel Péclard, Gastronom

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