Die Mehrheit der Schweizer:innen wünschen sich mehr Kompromisse zwischen den Parteien, um die drängendsten Probleme im Land zu lösen, wie das Chancenbarometer zeigt. Das bemängelt insbesondere die grosse Gruppe der Parteilosen im Land, die das grösste Wählerpotenzial im Hinblick auf eidgenössische Wahlen darstellt. Sie liesse sich mit konkreten zukunftsgerichteten Lösungen mobilisieren, sagt die Studienverfasserin, HSG-Professorin Tina Freyburg. Allerdings müsste sich die politische Kommunikationskultur der Schweiz massiv verbessern.

Bern, 16. März 2023. Die Schweizer:innen wünschen sich grossmehrheitlich parteiübergreifende Kompromisse für die drängenden Probleme des Landes. Das zeigt eine vertiefte Auswertung des Chancenbarometers – durchgeführt von Prof. Tina Freyburg der Universität St. Gallen und der LARIX Foundation. Innovation matters.

Besonders deutlich kommt der Wunsch nach Kompromissen bei der mit 25 Prozent grössten Gruppe der Befragten zum Ausdruck, die sich keiner Partei nahe fühlt. Dieses Segment stellt für die Parteien zudem das grösste Mobilisierungspotenzial für die eidgenössischen Wahlen im kommenden Herbst dar. Die Vertreter:innen dieses Wählersegments erwarten jedoch, von den Parteien mit konstruktiven Lösungsansätzen angesprochen zu werden, die Zukunftschancen eröffnen. Offen dafür sind sie insbesondere in den Bereichen Digitalisierung, nachhaltiges Wachstum und Klima.

In der Einschätzung der politischen Realität der Schweiz weist die gewünschte Kompromissbereitschaft in den Augen aller Befragten jedoch nur einen geringen Stellenwert auf. Von der SVP- wie von den SP-Wählerschaft sieht bloss ein Drittel den Kompromiss als gelebte politische Realität im Land. Und «wenig überraschend beurteilt die grosse Gruppe ohne Parteiennähe die politische Kompromisskultur mit einer Zustimmungsrate von einem blossen Fünftel noch schlechter», sagt Tina Freyburg.

Die Professorin sieht das Schlüsselthema, «um in der Schweiz zukunftsgerichtete Lösungen zu erhalten, in der Verbesserung der politische Kommunikationskultur zwischen den Parteien». Sie wird von den Befragten aller Parteien und von der grossen Gruppe der Parteilosen gleichermassen als schlecht beurteilt.

Die vorherrschende Politkultur behindere die Kompromissfindung, die wiederum der Weg wäre, insbesondere die Parteilosen zu mobilisieren, betont sie: «Es liegt nun an den Parteien, die Zeit bis zu den Wahlen zu nutzen, diesen Menschen bei den zentralen Herausforderungen konkrete Zukunftschancen zu eröffnen.»

Dabei wären die Voraussetzungen für eine mutigere Politik absolut gegeben. Die politische Stabilität der Schweiz beispielsweise wird von den Parteien erfreulich positiv gesehen, einzig die Grünen und die SVP liegen etwas zurück. Auch blickt die Mehrheit der Schweizer:innen aller Parteien bis auf die Grünen sowie inklusive der Parteilosen optimistisch in die Zukunft, und sie ist überzeugt, dass das politische Ringen um Lösungen in der Schweiz dem Gemeinwohl zugutekommt.

Diesen Artikel teilen