Die Schweiz ist voller Geschichten, Ideen und Inspirationen: Voller Charakterchöpf. Ein Charakterchopf ist jeder auf seine eigene Art und Weise. Es sind Leute wie Sie und ich. Jeder bringt seine Geschichte und seine Ideen mit, die inspirieren und berühren können. Was bewegt unsere Gesellschaft? Was wünschen wir uns? Worin sind wir besonders gut und was können wir noch besser machen? Charakterchöpf lassen uns an ihren Gedanken teilhaben und geben wertvolle Impulse.

Im Juni 2021 teilen uns drei Charakterchöpf offen und ehrlich ihre Gedanken zum Thema «Siehst Du das Grundeinkommen als rückschrittliche Illusion oder fortschrittliche Notwendigkeit für eine bessere Gesellschaft?»

Die Beiträge sind von den Autor:innen selbst geschrieben, damit ihre Meinung unverfälscht und authentisch präsentiert wird.

Auf Twitter, LinkedIn und in unserer Instagram-Story kann während 24 Stunden für den Charakterchopf des Monats gestimmt werden:

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Unsere Charakterchöpf

«Früher oder später wird es kommen, das Grundeinkommen. Es ist nicht abzustreiten, dass unsere Gesellschaft mitten im Wandel ist – die Globalisierung schreitet voran, und es gilt daraus das Beste zu machen. Zusammen mit dem technologischen Fortschritt müssen Arbeit und Einkommen deshalb neu gedacht werden. Ich stelle mir eine Welt vor, in der jede:r Teilzeit arbeitet. Eine Welt, in der jeder und jedem der nötige Platz für Kreativität und Innovation gelassen wird, statt sich durch energieverzehrende 60-Stunden-Wochen Respekt verschaffen zu müssen. In der es möglich ist, eine erfolgreiche Karriere zu absolvieren und gleichzeitig ein gutes Elternteil zu sein. Damit einher geht ein neues emanzipatorisches Belohnungsmodell.

Mit einem bedingungslosen Grundeinkommen werden Marktwirtschaft und Menschlichkeit plötzlich zusammengebracht. Durch die Schaffung von Chancengleichheit wird jeder und jedem das Grundrecht möglich gemacht, den tatsächlichen Leidenschaften nachzugehen, womit die allgemeine Motivation gesteigert wird und damit sowohl die Lebensqualität wie auch der Output der Erwerbstätigkeit. Geben wir deshalb dem Grundeinkommen und einer neuen, nachhaltigeren Zukunft eine Chance.»

Line Cottier, Teil der Geschäftsleitung Junge Grünliberale Schweiz

 

 

«Mein Contra: Wohin kommen wir, wenn sich jede:r darauf verlässt, dass der Staat ihm jeden Monat bedingungslos Geld aufs Konto überweist - ist das nicht die Forcierung des Untätigwerdens und widerstrebt allen Tugenden der Schweiz? Und wie um alles will man dieses Einkommen denn überhaupt finanzieren? Über die Mehrwertsteuer, um noch mehr Kaufkraft zu verlieren? Über eine Robotersteuer, welche Investitionskosten vervielfacht? Die Schere zwischen Arm und Reich, die Spekulationen auf den Finanzmärkten, Umwelt- und Flüchtlingskrisen und das kapitalistische System bleiben nach wie vor bestehen, ist das Grundeinkommen lediglich ein Tropfen auf den heissen Stein, in einer gleichbleibenden systematischen Ungleichheit?

Mein Pro: Unser Verein Discuss it beispielsweise ist zum allergrössten Teil auf freiwilliger Arbeit aufgebaut. Würden alle Leute ein Grundeinkommen erhalten, so könnten sich wohl auch mehr Leute freiwillig und gesellschaftlich engagieren - gerade wenn viele Jobs wegrationalisiert werden, ist es doch eine Chance für uns als Gesellschaft, wieder mehr für das Gemeinwesen zu tun. Arbeitslosengeld und soziale Leistungen haben ganz allgemein einen fahlen Beigeschmack, denn sie würdigen die Bezieher:innen herab und betiteln diese als Leistungsempfänger:innen, als Opfer, als Hilfsbedürftige und Aussenseiter:innen, welche dem Staat auf der Tasche liegen und nicht in der Lage sind, für sich selbst zu sorgen. Würde sich das nicht anders anfühlen, wenn jede:r den gleichen Betrag als Einkommen erhält, ganz ohne Bedingungen - würde dies nicht viele Vorurteile vertreiben und 'Sozialfälle' wieder zu Menschen machen?»

Sven Egloff, Projektleiter Organisation und Recruiting des Vereins Discuss it

 

 

«Weder noch. Die Frage stimmt mich nachdenklich: Kann das Grundeinkommen eine Notwendigkeit für eine bessere Gesellschaft sein; in der Schweiz, im 21. Jahrhundert? Als liberal denkender Bürger bin ich der Überzeugung, dass jeder immer etwas tun kann, damit wir als Gesellschaft besser werden - egal wie gross der jeweilige Beitrag ist. Der monetäre Aspekt kann über ein Grundeinkommen gelöst werden. In Bezug auf unsere Sozialwerke besteht im Grundsatz bereits heute ein Grundeinkommen. Die Bedingungen, wie diese Gelder, das heutige Grundeinkommen, zukünftig verteilt werden, sind zwingend neu zu gestalten. In diesem Punkt ist die fortschrittliche Notwendigkeit gegeben. Es gibt erste Ansätze wie Erziehungsgutschriften, Active Points o.a., doch werden heute die meisten unentgeltlichen Leistungen monetär nicht entschädigt.


Ein zukünftiger Ansatz könnten Social Points oder Social Coins sein, die entsprechend wieder eingelöst oder umgewandelt werden können.
Die Bedingungslosigkeit eines Grundeinkommens ist für mich der falsche Weg und setzt negative Anreize - jede:r Bürger:in hat Rechte wie aber auch Pflichten. Werden die individuellen Leistungen fair und den jeweiligen Möglichkeiten entsprechend entschädigt, steigert dies die Zufriedenheit aller.»

Beat Schlumpf, Unternehmer & Parteipräsident FDP Münsingen-Rubigen

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